Die Stadt Sindelfingen nutzt MapEdit, um Bestandsdaten für die Wärmeplanung zu sammeln, zu visualisieren und fortzuführen
Um die klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2040 sicherzustellen, schreibt der Gesetzgeber einen kommunalen Wärmeplan vor. Dazu müssen Daten aus unterschiedlichen Quellen DSGVO-konform zusammengeführt und ausgewertet werden. Die Stadt Sindelfingen ist auf diesem Weg weit fortgeschritten. MuM MapEdit hilft bei der 2D- und 3D-Visualisierung und ermöglicht die Datenerfassung live vor Ort und ämterübergreifend.
In Sindelfingen, rund 15 km südwestlich von Stuttgart, leben fast 65.000 Menschen. Als „große Kreisstadt“ ist die Kommune laut Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg verpflichtet, bis Ende 2023 einen kommunalen Wärmeplan vorzulegen. Das Amt für Stadtentwicklung und Geoinformation hat schon Ende 2021 begonnen, Daten für diese Planung zu sammeln, und dazu eine Masterarbeit an einen Studenten der Hochschule für Technik (HFT Stuttgart) vergeben.
Bestandsanalyse: der erste Schritt zum Wärmeplan
Ein kommunaler Wärmeplan besteht aus Bestandsanalyse, Potenzialanalyse, Zielszenario und Wärmewendestrategie. Die Bestandsanalyse ist eine gewaltige Herausforderung, denn die Informationen, welches Gebäude wie stark von wem und mit welcher Technologie geheizt wird und wie viel Energie tatsächlich verbraucht wird, liegen nirgends gesammelt vor. Um dem Datenschutz zu genügen, muss sichergestellt sein, dass sich in der Analyse nicht ablesen lässt, wie viel Energie einzelne Gebäude verbrauchen.
Daten von „überall“
Erste Informationen kamen aus dem Gebäude-Kataster und der Datenbank der „genehmigten Gebäude“ von der Stadtverwaltung. Die Anzahl der Stockwerke ließ sich aus dem 3D-Modell ermitteln; das Baujahr lieferten die Baugenehmigungen und Gutachterausschüsse. Auch Angaben zu Gebäudenutzung, Wärmepumpen, Solarenergieflächen und vieles mehr kamen aus dem GIS des Rathauses. Die Stadtwerke, die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg und die Landesanstalt für Umwelt BW lieferten ebenfalls Daten. „Der Suchaufwand war erheblich“, erzählt Thomas Bellon, Abteilungsleiter Geoinformation. „Nicht alle Daten, z. B. über Rohrleitungen und Hausanschlüsse, standen flächendeckend zur Verfügung.“
Datenschutz beachten
Entscheidende Informationen über Heizungsarten kamen von den Kaminkehrern. Doch gerade hier war besondere Sensibilität bei der Anonymisierung gefragt, denn diese Daten sind „hausgenau“. In Sindelfingen wurden diese Informationen für Baublöcke mit mindestens fünf Gebäuden zusammengefasst.
GIS-Landschaft von MuM
Die vorhandenen Daten mussten digital zusammengeführt, redundante Informationen herausgefiltert werden. Die Stadt Sindelfingen ist dafür gut ausgestattet und nutzt seit mehr als 20 Jahren GIS-Werkzeuge von MuM. Vor allem kommt MapEdit als Desktop- oder Mobile-Lösung für die Fortführung und Auswertung zum Einsatz. Auch MapEdit Professional wird für die Datenerfassung genutzt und abteilungsübergreifende MapEdit Plug-ins, z. B. die ALKIS Auskunft und der Cyclomedia StreetSmart Viewer, sind selbstverständlich. Komplexe Fachschalen, z. B. für die Baumkontrolle, hat die Abteilung Geoinformation selbst entwickelt.
Zusammenführen und Visualisieren
„Die Daten für die Wärmeplanung über SQL-Schnittstellen zusammenzuführen, war eher eine einfache Aufgabe“, sagt Geomatiker Fabian Finkbeiner. „Am schwierigsten war, Straßennamen zu vereinheitlichen; es ist ja nicht immer einfach festzustellen, ob ‚Hans-Martin-Schleyer-Straße‘ und ‚Hanns-Martin-Schleyer-Straße‘ wirklich dieselbe Straße bezeichnen.“ Im Rahmen der Masterarbeit wurden die gesammelten Daten dreidimensional visualisiert. Diese Daten werden früher oder später in das bestehende 3D-Modell der Stadt integriert werden.
Auswertung … und weiter
Mit der detaillierten Auswertung der 3,5 Gigabyte Daten wurde das ifeu-Institut in Heidelberg, eines der bedeutendsten ökologisch ausgerichteten Forschungsinstitute Deutschlands, beauftragt. Auch hier haben sich die GIS-Tools von MuM bewährt, um die Daten in einer Form auszugeben, die das Institut lesen und verstehen kann. Die ersten, sehr detaillierten Auswertungen liegen mittlerweile vor und werden in Politik und Verwaltung geprüft.
Der Wärmeplan – ein Prozess
Für den Wärmeplan sind etliche Fakten zu prüfen: ob Flächen – etwa Parkplatzüberdachungen – für die Gewinnung erneuerbarer Energien genutzt werden können; ob Kanalabwärme zum Heizen genutzt werden kann; ob sich das Fernwärmenetz effizient und effektiv erweitern lässt. Grundlage sind stets die erhobenen Daten. Und diese unterliegen einem ständigen Wandel. Das bedeutet, dass der Wärmeplan regelmäßig nachgeführt werden muss. Sindelfingen setzt dabei voll auf die Werkzeuge von MuM. „MapEdit & Co. sind so intuitiv, dass sie wirklich von allen benutzt werden können“, sagt Fabian Finkbeiner.
Fachschale Wärmeplanung für Kommunen
Die Abteilung Geoinformation arbeitet kontinuierlich daran, die Digitalisierung zu verbessern. Dazu gehören der Umstieg auf MapEdit Professional, der Umzug der Daten in eine PostgreSQL-Datenbank, die Gestaltung der MapServer Kartenkonfiguration direkt im MapEdit AppBuilder und vor allem, die gesammelten Wärmeplanungsdaten in MapEdit einzubinden und im 3D-Modell darzustellen. „Mit MuM zusammen eine Fachschale zur Standardisierung der Prozesse für die kommunale Wärmeplanung für andere Kommunen oder
Bundesländer zu konzipieren, wäre super“, findet Thomas Bellon.